URTEIL DES GERICHTSHOFES
27. April 1999 (1)
„Brüsseler Übereinkommen Begriff der einstweiligen Maßnahmen Bau und
Lieferung einer Motoryacht“
In der Rechtssache C-99/96
wegen eines dem Gerichtshof gemäß dem Protokoll vom 3. Juni 1971 betreffend
die Auslegung des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche
Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und
Handelssachen durch den Gerichtshof vom deutschen Bundesgerichtshof in dem
bei diesem anhängigen Rechtsstreit
Hans-Hermann Mietz
gegen
Intership Yachting Sneek BV
vorgelegten Ersuchens um Vorabentscheidung über die Auslegung der Artikel 13
Absatz 1 Nummern 1 und 3, 24, 28 Absatz 2 und 34 Absatz 2 des
Übereinkommens vom 27. September 1968 (ABl. 1972, L 299, S. 32) in der Fassung
des Übereinkommens vom 9. Oktober 1978 über den Beitritt des Königreichs
Dänemark, Irlands und des Vereinigten Königreichs Großbritannien und
Nordirland (ABl. L 304, S. 1 und geänderter Text S. 77) und des
Übereinkommens vom 25. Oktober 1982 über den Beitritt der Republik
Griechenland (ABl. L 388, S. 1)
erläßt
DER GERICHTSHOF
unter Mitwirkung des Präsidenten G. C. Rodríguez Iglesias, der
Kammerpräsidenten P. J. G. Kapteyn, J.-P. Puissochet, G. Hirsch und P. Jann sowie
der Richter G. F. Mancini, J. C. Moitinho de Almeida, C. Gulmann, J. L. Murray,
D. A. O. Edward (Berichterstatter), H. Ragnemalm, L. Sevón und M. Wathelet,
Generalanwalt: P. Léger
Kanzler: L. Hewlett, Verwaltungsrätin
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
der deutschen Regierung, vertreten durch Ministerialrat Jörg Pirrung,
Bundesministerium der Justiz, als Bevollmächtigten,
der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch
Stephanie Ridley, Treasury Solicitor's Department, als Bevollmächtigte im
Beistand von Barrister David Lloyd Jones,
der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Ulrich
Wölker, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigten im Beistand der
Rechtsanwälte Hans-Jürgen Rabe und Rechtsanwalt Georg M. Berrisch,
Brüssel,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Regierung des Vereinigten
Königreichs, vertreten durch David Lloyd Jones, und der Kommission, vertreten
durch Rechtsanwalt Marco Nuñez-Müller, Brüssel, in der Sitzung vom 9. Juli 1997,
nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 8.
Oktober 1997,
folgendes
Urteil
- 1.
- Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluß vom 29. Februar 1996, beim Gerichtshof
eingegangen am 26. März 1996, gemäß dem Protokoll vom 3. Juni 1971 betreffend
die Auslegung des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche
Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und
Handelssachen durch den Gerichtshof vier Fragen nach der Auslegung der Artikel
13 Absatz 1 Nummern 1 und 3, 24, 28 Absatz 2 und 34 Absatz 2 dieses
Übereinkommens vom 27. September 1968 (ABl. 1972, L 299, S. 32) in der Fassung
des Übereinkommens vom 9. Oktober 1978 über den Beitritt des Königreichs
Dänemark, Irlands und des Vereinigten Königreichs Großbritannien und
Nordirland (ABl. L 304, S. 1, und geänderter Text S. 77) und des
Übereinkommens vom 25. Oktober 1982 über den Beitritt der Republik
Griechenland (ABl. L 388, S. 1) (im folgenden: Übereinkommen) zur
Vorabentscheidung vorgelegt.
- 2.
- Diese Fragen stellen sich in einem vor einem deutschen Gericht angestrengten
Verfahren, mit dem in Deutschland die Erteilung der Vollstreckungsklausel für ein
Urteil des Präsidenten der Arrondissementsrechtbank Leeuwarden (Niederlande)
(im folgenden: Ursprungsgericht) vom 12. Mai 1993 begehrt wird, das im Anschluß
an ein kontradiktorisches Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes („kort geding“)
zwischen der Intership Yachting Sneek BV (im folgenden: Gläubigerin), einer
Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in Sneek (Niederlande), und
Hans-Hermann Mietz (im folgenden: Schuldner), wohnhaft in Lüchow
(Deutschland), ergangen war.
- 3.
- Im System des Übereinkommens besteht nach Artikel 2 Absatz 1 für die
gerichtliche Zuständigkeit der allgemeine Grundsatz, daß Personen, die ihren
Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats haben, ohne Rücksicht auf ihre
Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Staates zu verklagen sind.
- 4.
- Nach Artikel 3 Absatz 1 können Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet
eines Vertragsstaats haben, vor den Gerichten eines anderen Vertragsstaats nur
gemäß den Vorschriften des 2. bis 6. Abschnitts von Titel II, d. h. gemäß den
Artikeln 5 bis 18 des Übereinkommens, verklagt werden.
- 5.
- Die Artikel 13 und 14 gehören zum 4. Abschnitt („Zuständigkeit für
Verbrauchersachen“) von Titel II des Übereinkommens. Artikel 13 Absatz 1
bestimmt:
„Für Klagen aus einem Vertrag, den eine Person zu einem Zweck abgeschlossen
hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person
(Verbraucher) zugerechnet werden kann, bestimmt sich die Zuständigkeit,
unbeschadet des Artikels 4 und des Artikels 5 Nummer 5, nach diesem Abschnitt,
1. wenn es sich um den Kauf beweglicher Sachen auf Teilzahlung handelt,
2. wenn es sich um ein in Raten zurückzuzahlendes Darlehen oder ein anderes
Kreditgeschäft handelt, das zur Finanzierung eines Kaufs derartiger Sachen
bestimmt ist, oder
3. für andere Verträge, wenn sie die Erbringung einer Dienstleistung oder die
Lieferung beweglicher Sachen zum Gegenstand haben, sofern
a) dem Vertragsabschluß in dem Staat des Wohnsitzes des Verbrauchers
ein ausdrückliches Angebot oder eine Werbung vorausgegangen ist
und
b) der Verbraucher in diesem Staat die zum Abschluß des Vertrages
erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen hat.“
- 6.
- Artikel 14 Absatz 2 des Übereinkommens sieht vor:
„Die Klage der anderen Vertragspartei gegen den Verbraucher kann nur vor den
Gerichten des Vertragsstaats erhoben werden, in dessen Hoheitsgebiet der
Verbraucher seinen Wohnsitz hat.“
- 7.
- Außerdem bestimmt Artikel 24, der im 9. Abschnitt von Titel II des
Übereinkommens steht und speziell einstweilige Maßnahmen und sichernde
Maßnahmen betrifft:
„Die in dem Recht eines Vertragsstaats vorgesehenen einstweiligen Maßnahmen
einschließlich solcher, die auf eine Sicherung gerichtet sind, können bei den
Gerichten dieses Staates auch dann beantragt werden, wenn für die Entscheidung
in der Hauptsache das Gericht eines anderen Vertragsstaats aufgrund dieses
Übereinkommens zuständig ist.“
- 8.
- Die Vorschriften über die Anerkennung und die Vollstreckung von Entscheidungen
stehen in Titel III des Übereinkommens. Artikel 28 („Anerkennung“), der zum 1.
Abschnitt gehört, bestimmt:
„Eine Entscheidung wird ferner nicht anerkannt, wenn die Vorschriften des 3., 4.
und 5. Abschnitts des Titels II verletzt worden sind oder wenn ein Fall des Artikels
59 vorliegt.
Das Gericht oder die Behörde des Staates, in dem die Anerkennung geltend
gemacht wird, ist bei der Prüfung, ob eine der im vorstehenden Absatz angeführten
Zuständigkeiten gegeben ist, an die tatsächlichen Feststellungen gebunden,
aufgrund deren das Gericht des Ursprungsstaats seine Zuständigkeit angenommen
hat.
Die Zuständigkeit der Gerichte des Ursprungsstaats darf, unbeschadet der
Bestimmungen des ersten Absatzes, nicht nachgeprüft werden; die Vorschriften
über die Zuständigkeit gehören nicht zur öffentlichen Ordnung im Sinne des
Artikels 27 Nummer 1.“
- 9.
- Der im selben Abschnitt des Übereinkommens stehende Artikel 29 bestimmt:
„Die ausländische Entscheidung darf keinesfalls auf ihre Gesetzmäßigkeit
nachgeprüft werden.“
- 10.
- Artikel 34 Absätze 2 und 3, der zum 2. Abschnitt („Vollstreckung“) von Titel III
des Übereinkommens gehört, lautet:
„Der Antrag kann nur aus einem der in Artikel 27 und 28 angeführten Gründe
abgelehnt werden.
Die ausländische Entscheidung darf keinesfalls auf ihre Gesetzmäßigkeit
nachgeprüft werden.“
- 11.
- Der Schuldner und die Gläubigerin schlossen einen schriftlichen „Kaufvertrag“ über
den Kauf eines Bootes „Intership Typ 1.150 G“, an dem verschiedene Änderungen
vorgenommen werden sollten. Als Gegenleistung sollte der Schuldner 250 000 DM
in fünf Teilbeträgen zahlen.
- 12.
- Da der Schuldner seine Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises nicht in vollem
Umfang erfüllt hatte, erwirkte die Gläubigerin das niederländische Urteil, mit dem
der Schuldner u. a. verurteilt wurde, an sie 143 750 DM zuzüglich Zinsen zu zahlen.
Dieses Urteil wurde für vorläufig vollstreckbar erklärt.
- 13.
- Am 29. Oktober 1993 gab das Landgericht Lüneburg (Deutschland) dem Antrag
der Gläubigerin auf Vollstreckbarerklärung des niederländischen Urteils statt und
erteilte die Vollstreckungsklausel.
- 14.
- Der Schuldner legt gegen diese Entscheidung beim zuständigen Oberlandesgericht
Beschwerde ein. Er machte geltend, die Gläubigerin und er hätten sich auf der
Bootsmesse in Düsseldorf (Deutschland) über alle Einzelheiten der Bestellung des
fraglichen, zu seiner privaten Nutzung bestimmten Bootes geeinigt; eine Woche
später hätten sie nur den Vertrag unterzeichnet, und er habe die vereinbarte
Anzahlung von 40 000 DM geleistet. Er habe daraus geschlossen, daß gemäß
Artikel 14 Absatz 2 des Übereinkommens nur die Gerichte des Vertragsstaats
zuständig seien, in dessen Hoheitsgebiet er, der Schuldner, seinen Wohnsitz habe,
nämlich die Gerichte Deutschlands.
- 15.
- Nach der Zurückweisung dieser Beschwerde durch das Oberlandesgericht legte der
Schuldner beim Bundesgerichtshof Rechtsbeschwerde gegen diese Entscheidung
ein.
- 16.
- Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs können die Anerkennung und die
Vollstreckung des niederländischen Urteils nur dann gemäß Artikel 28 Absatz 1 des
Übereinkommens abgelehnt werden, wenn sich der Schuldner auf die
Bestimmungen über die Zuständigkeit für Verbrauchersachen in den Artikeln 13
und 14 des Übereinkommens berufen kann.
- 17.
- Insoweit führt der Bundesgerichtshof aus, daß die in Artikel 13 Absatz 1 Nummern
1 und 3 des Übereinkommens enthaltenen Begriffe „Kauf beweglicher Sachen auf
Teilzahlung“ und „Lieferung beweglicher Sachen“ in den Mitgliedstaaten
unterschiedlich definiert würden.
- 18.
- Das niederländische Urteil enthalte keine Angaben darüber, wo die vorbereitenden
Rechtshandlungen für den Abschluß des Vertrages vorgenommen worden seien, so
daß der Bundesgerichtshof auf dieser Grundlage nicht feststellen könne, ob das
Ursprungsgericht nicht Artikel 13 Absatz 1 Nummer 3 des Übereinkommens
verletzt habe, wonach für Klagen aus Verträgen, die die Erbringung einer
Dienstleistung oder die Lieferung beweglicher Sachen zum Gegenstand hätten,
sofern bestimmte vorbereitende Rechtshandlungen im Wohnsitzstaat des
Verbrauchers vorgenommen worden seien, die Gerichte dieses Staates zuständig
seien. Hierzu habe der Schuldner im Beschwerdeverfahren geltend gemacht, daß
die Gläubigerin für den Kauf in Deutschland auf einer Spezialmesse geworben
habe und daß der Vertrag auf dieser Messe mündlich geschlossen worden sei. Der
Bundesgerichtshof hält es jedoch für fraglich, ob er dieses neue Vorbringen des
Schuldners berücksichtigen darf, da Artikel 28 Absatz 2 des Übereinkommens die
Überprüfung tatsächlicher Feststellungen verbiete.
- 19.
- Für den Fall, daß der Gerichtshof die Auffassung vertreten sollte, daß der
Schuldner sich tatsächlich auf die Bestimmungen über die Zuständigkeit für
Verbrauchersachen berufen könne, stellt sich für den Bundesgerichtshof die Frage,
ob das Ursprungsgericht hiervon nicht nach Artikel 24 des Übereinkommens
wirksam hätte abweichen können, so daß die Artikel 13 und 14 des
Übereinkommens der Anerkennung des niederländischen Urteils nicht
entgegenstünden.
- 20.
- Der Bundesgerichtshof hat demgemäß das Verfahren ausgesetzt und dem
Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Handelt es sich um einen Kauf beweglicher Sachen auf Teilzahlung im
Sinne von Artikel 13 Absatz 1 Nummer 1 des Übereinkommens vom 27.
September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung
gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (im folgenden:
Brüsseler Übereinkommen), wenn in einer von den Beteiligten als
„Kaufvertrag“ bezeichneten Urkunde der eine Beteiligte es übernimmt, eine
Motoryacht eines festgelegten Typs mit neun bestimmten Änderungenherzustellen und dem anderen Beteiligten zu übereignen, sowie wenn dieser
dafür 250 000 DM in fünf Raten zu bezahlen hat?
Falls die Frage zu 1 verneint wird:
2. Handelt es sich bei dem unter 1 dargestellten Vertrag um einen Vertrag,
der die Lieferung beweglicher Sachen im Sinne von Artikel 13 Absatz 1
Nummer 3 des Brüsseler Übereinkommens zum Gegenstand hat?
3. Sind gemäß Artikel 34 Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 28 Absatz 2 des
Brüsseler Übereinkommens auch neue Tatsachen zu berücksichtigen, die
der Schuldner behauptet, um zu begründen, daß das Gericht des
Ursprungsstaats die Vorschriften des 4. Abschnitts des Titels II des
genannten Übereinkommens verletzt hat?
Falls entweder die erste oder die zweite und dritte Frage bejaht werden:
4. Gehört zu den einstweiligen Maßnahmen im Sinne des Artikels 24 des
Brüsseler Übereinkommens die in den Artikeln 289 bis 297 des
niederländischen Wetboek Van Burgerlijke Rechtsvordering vorgesehene
Möglichkeit, durch Beantragung einer unverzüglichen vorläufigen
Anordnung im abgekürzten Verfahren („kort geding“) ein Urteil auf
Zahlung einer vertraglichen Gegenleistung zu erlangen?
- 21.
- Zunächst sind die erste und die zweite Frage zu beantworten, die zusammen zu
prüfen sind, sodann die vierte und zuletzt die dritte Frage.
Zur ersten und zur zweiten Frage
- 22.
- Zur Bestimmung der Tragweite der ersten und der zweiten Frage ist daran zu
erinnern, daß der Ausgangsrechtsstreit einen zwischen zwei Parteien geschlossenen
und von diesen als „Kaufvertrag“ bezeichneten Vertrag über den Bau einer Yacht
eines festgelegten Typs betrifft, an dem jedoch noch einige Änderungen
vorgenommen worden sind. Die eine Vertragspartei verpflichtete sich, die Yacht
herzustellen und das Eigentum daran der anderen Vertragspartei zu übertragen,
die sich als Gegenleistung dazu verpflichtete, den Preis hierfür in fünf Teilbeträgen
zu zahlen. Dem Vorlagebeschluß ist zu entnehmen, daß der letzte Teilbetrag bei
der Probefahrt zu zahlen war, d. h. vor der endgültigen Übertragung des Besitzes
an der Yacht an die zweite Vertragspartei.
- 23.
- Zu der in den Erklärungen einiger Verfahrensbeteiligter aufgeworfenen Frage, ob
ein eingetragenes Schiff einer unbeweglichen Sache gleichzustellen ist, ist darauf
hinzuweisen, daß dem Vorlagebeschluß zufolge unabhängig davon, ob der streitige
Vertrag als Vertrag über die Erbringung einer Dienstleistung oder über die
Lieferung einer beweglichen Sache anzusehen ist, die im Ausgangsverfahren
fragliche Yacht jedenfalls als bewegliche Sache im Sinne des Übereinkommens
einzustufen ist.
- 24.
- In diesem Kontext möchte das vorlegende Gericht mit seiner ersten Frage wissen,
ob der Begriff des Kaufes beweglicher Sachen auf Teilzahlung im Sinne von Artikel
13 Absatz 1 Nummer 1 des Übereinkommens dahin auszulegen ist, daß er einen
Vertrag erfaßt,
dessen Gegenstand die Herstellung einer beweglichen Sache eines
bestimmten Typs mit einigen Änderungen durch die eine Vertragspartei ist,
mit dem sich die genannte Vertragspartei zur Übereignung dieser
beweglichen Sache an die andere Vertragspartei verpflichtet hat, die sich als
Gegenleistung dazu verpflichtet hat, den Preis hierfür in fünf Teilbeträgen
zu zahlen, und
nach dem die letzte Teilzahlung erfolgen soll, bevor der Besitz an der Sache
endgültig an die zweite Vertragspartei übertragen wird.
Für den Fall einer Verneinung dieser Frage möchte das vorlegende Gericht mit
seiner zweiten Frage wissen, ob ein solcher Vertrag als Vertrag über die Lieferung
beweglicher Sachen im Sinne von Artikel 13 Absatz 1 Nummer 3 des
Übereinkommens anzusehen ist.
- 25.
- Zu beachten ist, daß der Gerichtshof nicht danach gefragt wird, ob eine Person in
der Situation des Schuldners des Ausgangsverfahrens die weiteren in Artikel 13 des
Übereinkommens aufgezählten Voraussetzungen dafür erfüllt, als Verbraucher im
Sinne dieser Bestimmung eingestuft werden zu können.
- 26.
- Nach ständiger Rechtsprechung sind die in den Artikeln 13 und 14 des
Übereinkommens verwendeten Begriffe autonom auszulegen, wobei in erster Linie
die Systematik und die Zielsetzung des Übereinkommens zu berücksichtigen sind
(vgl. insbesondere Urteile vom 21. Juni 1978 in der Rechtssache 150/77, Bertrand,
Slg. 1978, 1431, Randnrn. 14 bis 16 und 19, vom 19. Januar 1993 in der
Rechtssache C-89/91, Shearson Lehman Hutton, Slg. 1993, I-139, Randnr. 13, und
vom 3. Juli 1997 in der Rechtssache C-269/95, Benincasa, Slg. 1997, I-3767,
Randnr. 12).
- 27.
- Des weiteren können die von der allgemeinen Zuständigkeitsregel abweichenden
Zuständigkeitsvorschriften, wie diejenigen der Artikel 13 und 14, nicht zu einer
Auslegung führen, die über die vom Übereinkommen in Betracht gezogenen Fälle
hinausgeht (vgl. Urteile Bertrand, Randnr. 17, Shearson Lehman Hutton, Randnrn.
14 bis 16, und Benincasa, Randnrn. 13 und 14).
- 28.
- Der Gerichtshof hat in Randnummer 20 des Urteils Bertrand festgestellt, daß unter
dem Kauf beweglicher Sachen auf Teilzahlung ein Kaufgeschäft zu verstehen ist,
bei dem der Kaufpreis in mehreren Teilzahlungen geleistet wird oder das mit
einem Finanzierungsvertrag verbunden ist.
- 29.
- Ein Vertrag wie der in Randnummer 22 dieses Urteils beschriebene betrifft zwar
ein Kaufgeschäft, bei dem der vereinbarte Kaufpreis in mehreren Teilzahlungen zu
leisten ist, so daß er als Kaufvertrag angesehen werden kann, bei dem der Besitz
und das Eigentum erst nach Zahlung des gesamten vereinbarten Preises übergehen.
- 30.
- Ein solcher Vertrag kann jedoch nicht als „Kauf auf Teilzahlung“ im Sinne von
Artikel 13 Absatz 1 Nummer 1 des Übereinkommens angesehen werden.
- 31.
- Dem Wortlaut des Übereinkommens, insbesondere dem Begriff „instalment credit
terms“ in der englischen Fassung, ist nämlich zu entnehmen, daß Artikel 13 Absatz
1 Nummer 1 nur den Schutz des Käufers für den Fall bezweckt, daß der Verkäufer
ihm ein Darlehen gewährt hat, daß also der Verkäufer dem Erwerber den Besitz
an der betreffenden Sache übertragen hat, bevor der Erwerber den gesamten
Kaufpreis gezahlt hat. In einem solchen Fall ist es zum einen möglich, daß der
Käufer bei Vertragsschluß über die tatsächliche Höhe des von ihm geschuldeten
Betrages irregeführt worden ist; zum anderen trägt er die Gefahr des Verlustes
dieser Sache, ist aber verpflichtet, die verbleibenden Teilzahlungen zu leisten. Diese
Erwägungen gelten dagegen nicht für die Fälle, in denen der Kaufpreis in voller
Höhe zu zahlen ist, bevor der Besitz übergeht. Kann nämlich schon vor
Übertragung des Besitzes an der Sache die Zahlung des gesamten Kaufpreises
verlangt werden, bedarf der Käufer des besonderen Schutzes nach Artikel 13
Absatz 1 des Übereinkommens nicht schon deshalb, weil ihm die Möglichkeit
eingeräumt wurde, den Kaufpreis in mehreren Teilzahlungen zu leisten.
- 32.
- Mit der zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht dagegen vom Gerichtshof
nur wissen, ob ein Vertrag wie der, um den es im Ausgangsverfahren geht, als
Vertrag über die Lieferung einer beweglichen Sache im Sinne von Artikel 13
Absatz 1 Nummer 3 des Übereinkommens anzusehen ist. Es steht außer Zweifel,
daß ein solcher Vertrag als Vertrag anzusehen ist, der entweder die Erbringung
einer Dienstleistung oder die Lieferung einer beweglichen Sache zum Gegenstand
hat. Für die Zwecke dieses Urteils ist es nicht erforderlich, zu entscheiden, ob es
sich konkret um die Erbringung einer Dienstleistung oder um die Lieferung einer
beweglichen Sache handelt.
- 33.
- Somit ist auf die erste und die zweite Frage wie folgt zu antworten: Artikel 13
Absatz 1 Nummer 1 des Übereinkommens ist dahin auszulegen, daß er nicht auf
einen zwischen zwei Parteien geschlossenen Vertrag mit folgenden Merkmalen
anwendbar ist, nämlich einen Vertrag,
dessen Gegenstand die Herstellung einer beweglichen Sache eines
bestimmten Typs mit einigen Änderungen durch die eine Vertragspartei ist,
mit dem sich die genannte Vertragspartei zur Übereignung dieser
beweglichen Sache an die andere Vertragspartei verpflichtet hat, die sich als
Gegenleistung dazu verpflichtet hat, den Preis hierfür in fünf Teilbeträgen
zu zahlen, und
nach dem die letzte Teilzahlung erfolgen soll, bevor der Besitz an der Sache
endgültig an die zweite Vertragspartei übertragen wird.
Dabei ist es unerheblich, daß die Vertragsparteien ihren Vertrag als „Kaufvertrag“
bezeichnet haben. Vielmehr ist ein Vertrag mit den genannten Merkmalen als
Vertrag anzusehen, der die Erbringung einer Dienstleistung oder die Lieferung
einer beweglichen Sache im Sinne von Artikel 13 Absatz 1 Nummer 3 des
Übereinkommens zum Gegenstand hat. Gegebenenfalls ist es Sache des nationalen
Gerichts, zu prüfen, ob es sich konkret um die Erbringung einer Dienstleistung
oder um die Lieferung einer beweglichen Sache handelt.
Zur vierten Frage
- 34.
- Die Artikel 289 bis 297 des niederländischen Wetboek Van Burgerlijke
Rechtsvordering (niederländische Zivilprozeßordnung; im folgenden: WBR)
betreffen eine „kort geding“ genannte Verfahrensform, in deren Rahmen der
Präsident der Arrondissementsrechtbank „in allen Rechtssachen, in denen wegen
der Dringlichkeit unter Berücksichtigung der Interessen der Parteien eine sofortige
vorläufige Maßnahme geboten ist“ (Artikel 289 Absatz 1), vollstreckbare
Maßnahmen erlassen kann.
- 35.
- Nach Artikel 292 WBR „[lassen die] vorläufigen Entscheidungen ... die Hauptsache
unberührt“. Das Verfahren des „kort geding“ kann eingeleitet werden, ohne daß
ein Verfahren in der Hauptsache vor dem zuständigen Gericht angestrengt werden
muß. Der Präsident der Arrondissementsrechtbank kann die Parteien jedoch auf
das gewöhnliche Verfahren verweisen (Artikel 291).
- 36.
- Bei der Ausübung seiner Befugnisse im Rahmen des „kort geding“ hat der
Präsident der Arrondissementsrechtbank die Zuständigkeitsvorschriften des
niederländischen Rechts zu beachten.
- 37.
- Nach Artikel 289 WBR kann das „kort geding“ binnen kürzester Frist eingeleitet
werden, und nach Artikel 295 WBR muß ein Rechtsmittel, soll es nicht unzulässig
sein, binnen zwei Wochen eingelegt werden.
- 38.
- Das „kort geding“ ist somit ein Verfahren der in Artikel 24 des Übereinkommens
bezeichneten Art, wonach ein Gericht aufgrund der Rechtsvorschriften seines
Staates einstweilige Maßnahmen und sichernde Maßnahmen erlassen kann, auch
wenn es nach dem Übereinkommen für die Entscheidung in der Hauptsache nicht
zuständig ist.
- 39.
- Die vierte Frage des vorlegenden Gerichts ist demgemäß so zu verstehen, daß
damit geklärt werden soll, ob ein Urteil auf Erbringung einer vertraglichen
Gegenleistung, das in einem Verfahren wie dem des „kort geding“ ergeht, eine
einstweilige Maßnahme ist, die im Rahmen der Zuständigkeit nach Artikel 24 des
Übereinkommens erlassen werden kann.
- 40.
- Ist das Gericht, das mit einem Antrag auf Erlaß einstweiliger Maßnahmen oder
sichernder Maßnahmen befaßt ist, ohnehin nach den Artikeln 2 und 5 bis 18 des
Übereinkommens für die Entscheidung des Rechtsstreits in der Hauptsache
zuständig, so braucht es Artikel 24 des Übereinkommens nicht heranzuziehen (vgl.
in diesem Sinne Urteil vom 17. November 1998 in der Rechtssache C-391/95, Van
Uden, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 19).
- 41.
- Insoweit hat der Gerichtshof im Urteil Van Uden (Randnr. 22) festgestellt, daß das
Gericht, das nach dem Übereinkommen für die Entscheidung eines Rechtsstreits
in der Hauptsache zuständig ist, auch für die Anordnung einstweiliger oder
sichernder Maßnahmen zuständig ist, ohne daß diese Zuständigkeit von weiteren
Voraussetzungen abhängt.
- 42.
- Dagegen ist, wie der Gerichtshof im Urteil Van Uden für Recht erkannt hat, ein
auf die vorläufige Erbringung einer vertraglichen Gegenleistung gerichtetes Urteil,
das nur aufgrund der Zuständigkeit nach Artikel 24 des Übereinkommens ergangen
ist, nur dann eine einstweilige Maßnahme im Sinne dieser Bestimmung, wenn die
Rückzahlung des zugesprochenen Betrages an den Antragsgegner für den Fall, daß
der Antragsteller nicht in der Hauptsache obsiegt, gewährleistet ist und die
angeordnete Maßnahme nur bestimmte Vermögensgegenstände des Antragsgegners
betrifft, die sich im örtlichen Zuständigkeitsbereich des angerufenen Gerichts
befinden oder befinden müßten.
- 43.
- Somit ist auf die vierte Frage zu antworten, daß ein die vorläufige Erbringung einer
vertraglichen Gegenleistung anordnendes Urteil, das in einem Verfahren wie dem
der Artikel 289 bis 297 WBR von einem nach dem Übereinkommen für die
Entscheidung in der Hauptsache nicht zuständigen Gericht erlassen worden ist, nur
dann eine einstweilige Maßnahme ist, die nach Artikel 24 des Übereinkommens
erlassen werden kann, wenn die Rückzahlung des zugesprochenen Betrages an den
Antragsgegner für den Fall, daß der Antragsteller nicht in der Hauptsache obsiegt,
gewährleistet ist und die angeordnete Maßnahme nur bestimmteVermögensgegenstände des Antragsgegners betrifft, die sich im örtlichen
Zuständigkeitsbereich des angerufenen Gerichts befinden oder befinden müßten.
Zur dritten Frage
- 44.
- Mit dieser Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob das Gericht, bei dem
die Anerkennung geltend gemacht wird, in dem in Titel III des Übereinkommens
vorgesehenen Verfahren der Vollstreckbarerklärung neue Tatsachen
berücksichtigen kann, die von einer Partei behauptet worden sind, um darzutun,
daß ein Vertrag wie der in Randnummer 22 dieses Urteils beschriebene die in
Artikel 13 Absatz 1 Nummer 3 Buchstaben a und b des Übereinkommens
aufgeführten Voraussetzungen erfüllt.
- 45.
- Es ist jedoch festzustellen, daß das Ursprungsgericht selbst dann, wenn der Vortrag
des Schuldners, daß er als Verbraucher im Sinne des Artikels 13 des
Übereinkommens hätte angesehen werden müssen, zu berücksichtigen wäre, für
den Erlaß einstweiliger Maßnahmen hätte zuständig sein können.
- 46.
- Artikel 24 des Übereinkommens sieht nämlich ausdrücklich vor, daß ein Gericht
nach seinem nationalen Recht auch dann zuständig ist, einem Antrag auf Erlaß
einstweiliger Maßnahmen stattzugeben, wenn es für die Entscheidung in der
Hauptsache nicht zuständig ist. Geht es um den Erlaß von Maßnahmen, mit denen
eine vorläufige Zahlung angeordnet wird, so ist diese Zuständigkeit in den Grenzen
des Artikels 24 des Übereinkommens wahrzunehmen, die dann nicht gelten, wenn
das Gericht auch für die Entscheidung in der Hauptsache zuständig ist (vgl. in
diesem Sinne Urteil Van Uden, Randnr. 19).
- 47.
- Es ist jedoch darauf zu achten, daß die Vollstreckung von einstweiligen oder
sichernden Maßnahmen, für deren Erlaß die Zuständigkeit nach Artikel 24 des
Übereinkommens in Anspruch genommen wird, die über diese jedoch hinausgehen,
in dem Staat, in dem die Anerkennung geltend gemacht wird, nicht dazu führt, daß
die Vorschriften der Artikel 2 und 5 bis 18 des Übereinkommens über die
Zuständigkeit für die Entscheidung in der Hauptsache umgangen werden (vgl. in
diesem Sinne Urteil Van Uden, Randnr. 46).
- 48.
- Sodann ist festzustellen, daß zwar im Ausgangsverfahren das Ursprungsgericht nur
eine einzige Maßnahme die vorläufige Zahlung angeordnet hat, daß jedoch in
anderen Fallgestaltungen das Ursprungsgericht möglicherweise mehrere
Maßnahmen anordnet, von denen einige als einstweilige oder sichernde
Maßnahmen im Sinne von Artikel 24 des Übereinkommens anzusehen sind, andere
jedoch über die in dieser Bestimmung vorgesehenen Grenzen hinausgehen.
- 49.
- Damit stellt sich dem Gericht, bei dem die Anerkennung geltend gemacht wird,
nicht die Frage, ob das Ursprungsgericht überhaupt zuständig war, sondern die
Frage, in welchen Grenzen die Vollstreckungsklausel für eine Entscheidung
beantragt werden kann, die in Wahrnehmung der Zuständigkeit nach Artikel 24
ergangen ist. Für diese Zuständigkeit besteht nämlich im Rahmen des
Übereinkommens eine Sonderregelung (vgl. dazu Urteile vom 21. Mai 1980 in der
Rechtssache 125/79, Denilauler, Slg. 1980, 1553, Randnr. 15, und Van Uden,
Randnr. 42).
- 50.
- Schließlich ist hervorzuheben, daß es sich im Ausgangsverfahren weder um einen
Fall handelt, in dem das Ursprungsgericht im Hinblick auf die Anordnung der
vorläufigen Erbringung einer Leistung seine Zuständigkeit ausdrücklich in der
Weise begründet hat, daß es seine Zuständigkeiten für die Entscheidung in der
Hauptsache nach dem Übereinkommen bejaht hat, noch um einen Fall, in dem sich
eine solche Zuständigkeit eindeutig schon aus dem Wortlaut der Entscheidung des
Ursprungsgerichts ergibt, wie dies insbesondere der Fall wäre, wenn aus der
Entscheidung klar hervorginge, daß der Antragsgegner seinen Wohnsitz im
Hoheitsgebiet des Vertragsstaats des Ursprungsgerichts hatte und keine der in
Artikel 16 des Übereinkommens vorgesehenen ausschließlichen Zuständigkeiten
bestand.
- 51.
- In diesen Fällen könnten nur die Bestimmungen des Artikels 27 und gegebenenfalls
die des Artikels 28 Absatz 1 des Übereinkommens der Anerkennung und
Vollstreckung der Entscheidung des Ursprungsgerichts entgegenstehen.
- 52.
- In diesem Zusammenhang ist jedoch festzustellen, daß es entgegen den
Ausführungen der Regierung des Vereinigten Königreichs und der Kommission
nicht schon genügt, daß sich der Antragsgegner in einem summarischen Verfahren,
das auf den Erlaß einstweiliger oder sichernder Maßnahmen in Eilfällen gerichtet
ist und der Prüfung des Rechtsstreits in der Hauptsache nicht vorgreift, vor dem
Gericht des vorläufigen Rechtsschutzes auf das Verfahren einläßt, um diesem
Gericht nach Artikel 18 des Übereinkommens die unbeschränkte Zuständigkeit
zuzuweisen, alle ihm geeignet erscheinenden einstweiligen oder sichernden
Maßnahmen anzuordnen, als wäre es nach dem Übereinkommen für die
Entscheidung in der Hauptsache zuständig.
- 53.
- Anders als die vorstehend angeführten Fälle ist das niederländische Urteil, für das
im Ausgangsverfahren die Vollstreckungsklausel beantragt wird, durch folgendes
gekennzeichnet:
Es ist in einem Verfahren ergangen, das seiner Art nach kein
Hauptsacheverfahren, sondern ein Eilverfahren zum Erlaß einstweiliger
Maßnahmen ist,
der Antragsgegner hatte seinen Wohnsitz nicht im Hoheitsgebiet des
Vertragsstaats, zu dem das Ursprungsgericht gehört, und dem
niederländischen Urteil ist nicht zu entnehmen, daß dieses Gericht aus
anderen Gründen nach dem Übereinkommen für die Entscheidung in der
Hauptsache zuständig war,
es enthält keine Gründe, mit denen die Zuständigkeit des Ursprungsgerichts
für die Entscheidung in der Hauptsache dargetan werden soll,
und
es beschränkt sich darauf, die Erbringung einer vertraglichen Gegenleistung
anzuordnen, ohne daß die Rückzahlung des zugesprochenen Betrages an
den Antragsgegner für den Fall, daß der Antragsteller nicht in der
Hauptsache obsiegt, gewährleistet ist und die angeordnete Maßnahme nur
bestimmte Vermögensgegenstände des Antragsgegners betrifft, die sich im
örtlichen Zuständigkeitsbereich des angerufenen Gerichts befinden oder
befinden müßten.
- 54.
- Aus der Antwort auf die vierte Vorlagefrage folgt jedoch, daß, wenn das
Ursprungsgericht in seiner Entscheidung ausdrücklich angeführt hätte, daß es seine
Zuständigkeit auf das nationale Recht in Verbindung mit Artikel 24 des
Übereinkommens stütze, das Gericht, bei dem die Anerkennung geltend gemacht
wird, zu der Schlußfolgerung hätte gelangen müssen, daß die angeordnete
Maßnahme die unbedingte vorläufige Zahlung keine einstweilige oder sichernde
Maßnahme im Sinne dieses Artikels ist und daß sie somit nicht nach Titel III des
Übereinkommens für vollstreckbar erklärt werden kann.
- 55.
- Da das Ursprungsgericht zur Grundlage seiner Zuständigkeit nichts gesagt hat,
gebietet es somit das Interesse daran, daß die Vorschriften des Übereinkommens
nicht umgangen werden (siehe hierzu Randnr. 47 dieses Urteils), die Entscheidung
des Ursprungsgerichts so zu verstehen, daß dieses seine Zuständigkeit für den Erlaß
einstweiliger Maßnahmen auf seine nationalen Rechtsvorschriften über das
Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes und nicht auf eine dem Übereinkommen
entlehnte Zuständigkeit für die Entscheidung in der Hauptsache gestützt hat.
- 56.
- Aufgrund dessen müßte das Gericht, bei dem die Anerkennung geltend gemacht
wird, in einem Fall, der durch die in Randnummer 53 dieses Urteils
zusammengefaßten Merkmale gekennzeichnet ist, zu der Schlußfolgerung gelangen,
daß die angeordnete Maßnahme keine einstweilige Maßnahme im Sinne des
Artikels 24 ist, so daß sie nicht nach Titel III des Übereinkommens für
vollstreckbar erklärt werden kann.
- 57.
- Demgemäß brauchte dieses Gericht auch nicht die Frage zu prüfen, ob und
gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen es neue Tatsachen im Hinblick auf
ein Eingreifen von Artikel 28 Absatz 2 des Übereinkommens berücksichtigen kann.
- 58.
- Aufgrund des Vorstehenden ist eine Beantwortung der dritten Vorlagefrage durch
den Gerichtshof entbehrlich.
Kosten
- 59.
- Die Auslagen der deutschen Regierung und der Regierung des Vereinigten
Königreichs sowie der Kommission, die vor dem Gerichtshof Erklärungen
abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des
Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem
vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher
Sache dieses Gerichts.
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF
auf die ihm vom Bundesgerichtshof mit Beschluß vom 29. Februar 1996 vorgelegten
Fragen für Recht erkannt:
1. Artikel 13 Absatz 1 Nummer 1 des Übereinkommens vom 27. September
1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher
Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen in der Fassung des
Übereinkommens vom 9. Oktober 1978 über den Beitritt des Königreichs
Dänemark, Irlands und des Vereinigten Königreichs Großbritannien und
Nordirland und des Übereinkommens vom 25. Oktober 1982 über den
Beitritt der Republik Griechenland ist dahin auszulegen, daß er nicht auf
einen zwischen zwei Parteien geschlossenen Vertrag mit folgenden
Merkmalen anwendbar ist, nämlich einen Vertrag,
dessen Gegenstand die Herstellung einer beweglichen Sache eines
bestimmten Typs mit einigen Änderungen durch die eine
Vertragspartei ist,
mit dem sich die genannte Vertragspartei zur Übereignung dieser
beweglichen Sache an die andere Vertragspartei verpflichtet hat, die
sich als Gegenleistung dazu verpflichtet hat, den Preis hierfür in fünf
Teilbeträgen zu zahlen, und
nach dem die letzte Teilzahlung erfolgen soll, bevor der Besitz an der
Sache endgültig an die zweite Vertragspartei übertragen wird.
Dabei ist es unerheblich, daß die Vertragsparteien ihren Vertrag als
„Kaufvertrag“ bezeichnet haben. Vielmehr ist ein Vertrag mit den
genannten Merkmalen als Vertrag anzusehen, der die Erbringung einer
Dienstleistung oder die Lieferung einer beweglichen Sache im Sinne von
Artikel 13 Absatz 1 Nummer 3 des Übereinkommens vom 27. September
1968 zum Gegenstand hat. Gegebenenfalls ist es Sache des nationalen
Gerichts, zu prüfen, ob es sich konkret um die Erbringung einer
Dienstleistung oder um die Lieferung einer beweglichen Sache handelt.
2. Ein die vorläufige Erbringung einer vertraglichen Gegenleistung
anordnendes Urteil, das in einem Verfahren wie dem der Artikel 289 bis
297 des niederländischen Wetboek Van Burgerlijke Rechtsvordering von
einem in dieser Rechtssache nach dem Übereinkommen vom 27. September
1968 für die Entscheidung in der Hauptsache nicht zuständigen Gericht
erlassen worden ist, ist nur dann eine einstweilige Maßnahme, die nach
Artikel 24 des Übereinkommens erlassen werden kann, wenn die
Rückzahlung des zugesprochenen Betrages an den Antragsgegner für den
Fall, daß der Antragsteller nicht in der Hauptsache obsiegt, gewährleistet
ist und die angeordnete Maßnahme nur bestimmte Vermögensgegenstände
des Antragsgegners betrifft, die sich im örtlichen Zuständigkeitsbereich des
angerufenen Gerichts befinden oder befinden müßten.
Rodríguez Iglesias Kapteyn Puissochet Hirsch
Jann Mancini
Moitinho de Almeida
Gulmann Murray
Edward
Ragnemalm Sevón
Wathelet
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Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 27. April 1999.
Der Kanzler
Der Präsident
R. Grass
G. C. Rodríguez Iglesias